Schulter außer Rand und Band: Was tun bei ausgekugelter Schulter? - Die Sonderseite mit Dr. Öttl im Interview
Eine ausgekugelte Schulter kann jeden treffen. Denn im Gegensatz zur landläufigen Meinung ist dies weder eine Alterserscheinung noch unbedingt ein Zeichen für eine Überbelastung. Schuld ist in den meisten Fällen ein Unfall. Wir sprechen über das Thema mit Dr. Georg Öttl, Facharzt für Orthopädie und Sportmedizin vom ZFOS - Zentrum für Orthopädie & Sportmedizin in München. Dr. Öttl ist Experte für arthroskopische Schulterchirurgie und operativer Belegarzt an der WolfartKlinik Gräfelfing.
Welche Unfälle führen zu einer ausgerenkten oder ausgekugelten Schulter?
Dr. Öttl: Ich sehe in meiner Praxis oft Patienten mit ausgerenkter oder ausgekugelter Schulter. Dazu muss man wissen: Die Schulter ist das beweglichste Gelenk unseres Körpers. Es ist ein Kugelgelenk mit einem großen Kopf und einer verhältnismäßig kleinen Pfanne – und deshalb relativ instabil. Der Kopf muss von der Gelenkkapsel und den Bändern mit in der Pfanne gehalten werden. Ein Unfall ist schnell passiert: Zum Beispiel durch einen Sturz auf den ausgestreckten Arm, einen Fall aus größerer Höhe oder bei Ballsportlern durch den Griff in den Wurfarm. Die Folge ist oft das gewaltsame Auskugeln der Schulter. Der Facharzt spricht dann auch von einer traumatischen Schulterverrenkung oder Schulterluxation. In fast allen Fällen springt der Oberarmkopf dabei nach vorne und unten aus der Gelenkpfanne heraus und die vordere Gelenkkapsel und ihre Verstärkungsbänder mitsamt der knorpeligen Gelenklippe werden vom vorderen Pfannenrand abgerissen.
Wie erkennt man eine Schulterverrenkung?
Dr. Öttl: Eine ausgekugelte Schulter ist äußerst schmerzhaft. Der betroffene Arm ist fast bewegungsunfähig. Patienten gehen automatisch in Schonhaltung. Bei zusätzlicher Nervendehnung können auch Gefühlsstörungen am seitlichen Oberarm auftreten. Eine eindeutige Diagnose kann ich in der Regel schon durch die Untersuchung des Patienten stellen. Durch Röntgen, Sonografie und Kernspintomografie lassen sich Begleitverletzungen aufdecken. Eine Schulterluxation muss sofort behandelt werden. Häufig wird die Schulter notfallmäßig in der Klinik wieder eingerenkt. Patienten sind danach häufig in ihrer Alltagsaktivität, Arbeits- und Sportfähigkeit deutlich beeinträchtigt.
Kann eine Schulterinstabilität auch ohne Unfall vorkommen?
Dr. Öttl: Ja, bei manchen Patienten renkt die Schulter auch ohne große Gewalteinwirkung aus. Meistens gelingt es dem Betroffenen, sie selbst wieder einzurenken. Diese Art der Schulterinstabilität kommt seltener vor und ist weniger unfall- als vielmehr anlagebedingt. Grund sind zu laxe Bänder. Manche Betroffene können ihre Schulter sogar willkürlich auskugeln. Diese angeborene Form der Instabilität wird selten operiert. Im Zentrum der Behandlung stehen physiotherapeutische Übungs- und Trainingsprogramme mit schulterblattstabilisierenden und muskelaufbauenden Maßnahmen.
Wem raten Sie nach einer Schulterauskugelung zu einer OP?
Dr. Öttl: Das Risiko, dass eine einmal ausgekugelte Schulter erneut auskugelt (die sogenannte Reluxation), ist in erster Linie abhängig vom Alter des Patienten. Es gilt: Je jünger, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit. Bei sportlichen Patienten unter 20 Jahren etwa passiert dies in über 95 Prozent aller Fälle. Um die beste Therapieentscheidung zu treffen, ist deshalb stets eine individuelle Analyse und Beratung notwendig. Ich empfehle in der Regel eine zeitnahe Stabilisierungsoperation für junge, Sport treibende Patienten, die einen hohen Funktionsanspruch haben oder Überkopf- und Risikosportarten ausüben. Bei Patienten über 30 Jahren reißt häufiger bei der Luxation zusätzlich die Sehne der Rotatorenmanschette an der Schulter. In diesem Fall bespreche ich mit dem Betroffenen dann auch die Möglichkeit einer operativen Sehnennaht, zum Beispiel in arthroskopischer Technik (der sogenannten Schlüssellochtechnik).
Was müssen Betroffene über die Operation wissen?
Dr. Öttl: Der Eingriff erfolgt patientenschonend und risikoarm. Durch eine minimal-invasive Gelenkspiegelung (Arthroskopie) ist eine exakte Rekonstruktion der verletzten Strukturen möglich. Über nur wenige Millimeter kleine Zugänge führe ich eine Mini-Kamera und feinste Spezialinstrumente in das Gelenk ein. Die abgerissene Gelenklippe wird mittels moderner Nahtankersysteme wieder an ihrer ursprünglichen Stelle am Pfannenrand befestigt, die vorderen Bänder gespannt und die Kapsel gerafft. Wenn nötig, versorge ich Begleitverletzungen mit. Was viele nicht wissen: Offen, also mittels Schnitt, werden nur bestimmte Revisionseingriffe operiert.
Und was ist nach einer Schulter-OP zu beachten?
Dr. Öttl: In den ersten drei bis vier Wochen nach der Operation sollte die Schulter durch eine Bandage ruhiggestellt werden. Bereits in dieser Phase sind unter Anleitung Krankengymnastik und Eigenübungen sinnvoll. Wichtig ist, den operierten Arm sechs Wochen lang nicht über die Horizontale zu heben und nicht nach außen zu rotieren. Etwa sechs Wochen nach der OP empfehle ich meinen Patienten außerdem, mit dosiertem Muskelaufbau zur Kräftigung der Rotatorenmanschette und Koordinationsübungen der Schultergürtelmuskulatur zu beginnen. Auch schulterschonende Sportarten dürfen vorsichtig betrieben werden. Fünf bis sechs Monate nach OP führt der Arzt die sogenannte „return to sports“-Testung durch. Ist hier alles in Ordnung, darf der Patient in der Regel wieder Kontakt- und Überkopfsportarten nachgehen.
Unser Angebot:
- Arthroskopische Naht der Rotatorenmanschette (minimalinvasiv) incl. Revisionsoperationen
- Superiore Kapselrekonstruktion, Ballon Implantation, Muskeltransferoperationen bei irreparablen Sehnendefekten
- Subacromiale Dekompression bei Impingement (=Engpaß) Syndrom
- Resektion Schultereckgelenk bei Arthrose
- Bizepssehnenprobleme (Pulley-Läsion, SLAP Läsion, Rupturen)
- Stabilisierung nach Auskugelung/ bei Instabilität, arthroskopisch oder offen incl. Revisionsoperationen
- Stabilisierung bei Schultereckgelenksprengung (Rockwood, Tossy)
- Kalkentfernung
- Etc.
Kontakt:
ZFOS – Zentrum für
Orthopädie & Sportmedizin
Dres. med. Öttl, Kinateder, Wimmer,
Mayer, Rummel, Hr. Bolay,
Lueg*, Mrosek*
*angestellte FachärztInnen
Nymphenburger Str. 110
D-80636 München
Filiale Oberhaching:
Im Loh 1, 82041 Oberhaching
Telefon 089 / 1 29 20 33
sekretariat@zfos.de
www.zfos.de