Komplexe Wirbelsäulenerkrankungen ohne OP behandeln - Die Sonderseite mit H. Bolay im Interview
Es gibt kaum eine andere Operation, die für Betroffene so mit Ängsten besetzt ist, wie die Operation am Rücken. Viele Patienten sind verunsichert, ob nicht doch zu schnell oder unnötigerweise operiert wird. Welche, auch komplexe, Wirbelsäulenerkrankungen sich auch ohne OP behandeln lassen, wollen wir von Heiner Bolay wissen. Er ist ausgewiesener Wirbelsäulenspezialist und Belegarzt in der WolfartKlinik.
Was zählt überhaupt zu den komplexen Wirbelsäulenerkrankungen?
H. Bolay: Vereinfacht gesagt: Immer wenn Nerven unter Druck stehen oder die Bandscheiben und Wirbelgelenke verschlissen sind. Vor allem mit zunehmendem Alter führen degenerative, also verschleißbedingte, Veränderungen oft zu Entzündungen im Bereich der Wirbelgelenke oder Wirbelkörper, die wiederum für Rückenschmerzen verantwortlich sein können. Kommt es durch degenerative Veränderungen der Bandscheiben und der knöchernen Strukturen zu einer Kompression von Nerven, sind bei Problemen mit dem unteren Rücken Schmerzen oder Gefühlsstörungen bis hin zu Schwächeerscheinungen in den Beinen möglich. Bei Patienten mit Problemen an der Halswirbelsäule treten dann oft Schmerzen über die Schulter bis in Hände oder Kopf auf.
Welche Möglichkeiten der Behandlung ohne OP gibt es hierfür?
H. Bolay: Grundsätzlich lege ich bei der Behandlung von Erkrankungen an der Wirbelsäule größten Wert auf die Ausschöpfung aller konservativen, nichtoperativen Behandlungsmöglichkeiten zur Linderung von Beschwerden. Ich wende an der Wirbelsäule zum Beispiel häufig die sogenannte Infiltrationstherapie an. Eine Infiltration ist eine Injektion aus einem Gemisch eines lokal wirkendenden Betäubungsmittels und Entzündungshemmern, das genau dorthin gespritzt wird, wo der Schmerz entsteht. Es gibt mehrere Methoden, wie der behandelnde Arzt dabei den Einstichort genau bestimmen kann: Die Sichtkontrolle erfolgt entweder mithilfe einer Computertomographie, Ultraschall-gesteuert oder unter Röntgen-Kontrolle durch den sogenannten Bildwandler. Ein Spezialfall ist die sogenannte Facetteninfiltration oder Wirbelgelenksinfiltration. Dabei wird das Wirkstoffgemisch in die kleinen Gelenke der Wirbel gespritzt, es ist der Ort wo die Gelenkflächen der Wirbelbögen aufeinanderliegen. Durch eine Infiltrationstherapie werden Irritationen und Entzündungen gehemmt und damit die Schmerzen des Patienten reduziert. Die Schmerzwirkung setzt teilweise bereits wenige Minuten nach Durchführung der Maßnahme ein und hält bis zu einigen Wochen an.
Und was ist der Unterschied zwischen der Facetteninfiltration, einer epiduralen Injektion und der sogenannten PRT?
H. Bolay: Der Unterschied liegt in der Ursache der Schmerzen. Die Facetteninfiltration wende ich etwa bei Schmerzen durch eine Wirbelgelenkentzündung und bei Verschleiß der Wirbelgelenke an. Die PRT (periradikuläre Therapie) sowie die epidurale Infiltration empfehle ich bei Nervenwurzelkompression oder -reizung – also bei Schmerzen, die von der Nervenwurzel ausgehen. Häufig treten diese auch in Verbindung mit einem Bandscheibenvorfall oder mit der Einengung des Spinalkanals auf. Der Ablauf einer PRT ist dabei ähnlich wie der einer Facetteninfiltration: Zunächst lege ich Bildwandler-, Ultraschall-, oder computertomographisch-gesteuert den Ort der PRT fest und kann dann millimetergenau das Medikament einspritzen. Bei der epiduralen Injektion wird die Nadel im Wirbelkanal platziert. Denn das ist oft die Stelle, an der Nerven unter Druck stehen. Mit einer speziellen Nadel gehe ich über das sogenannte interlaminäre Fenster (also der Lücke zwischen den Wirbelkörpern) direkt in den Wirbelkanal ein. Üblicherweise wende ich Infiltrationen wiederholt im Abstand von ein bis zwei Wochen an. In der Regel können Patienten mit einer deutlichen Linderung der Symptomatik oft schon nach der ersten Behandlung rechnen.
Wie helfen Sie Ihren Patienten noch bei chronischen Schmerzzuständen der Wirbelsäulengelenke?
H. Bolay: Eine minimal-invasive Behandlungsmethode, mit deren Hilfe sich chronische Schmerzzustände der Wirbelsäulengelenke schnell, sanft und wirksam behandeln lassen, ist die sogenannte Radiofrequenz-Thermodenervierung, auch Hitzesondenbehandlung genannt. Besonders geeignet ist die Methode insbesondere bei Schmerzzuständen an der Wirbelsäule, die durch Verschleiß oder Entzündung der Wirbelgelenke verursacht werden. Dabei wird die Weiterleitung der Schmerzsignale vom Ort der Entstehung (also den Wirbelgelenken) zum Gehirn durch Erhitzung der Schmerzfasern unterbrochen. Unter Röntgenkontrolle führe ich hierfür millimeterdünne Sonden bis zu den schmerzleitenden Nervenenden an den Gelenken. Diese Sonden sind verbunden mit einem computergesteuerten Radiofrequenzgenerator. Die Verödung der Schmerzzentren erfolgt durch einen kurzfristigen Hitzeimpuls, der durch hochfrequente Elektroströme erzeugt wird. Aber keine Sorge: Der Eingriff erfolgt unter örtlicher Betäubung und ist somit völlig schmerzfrei. Je nach Bedarf kann die Hitzesondenbehandlung ambulant oder stationär durchgeführt werden und die Patienten sind danach schnell wieder mobil. Ein weiterer sehr wichtiger Pfeiler der Behandlung von komplexen Wirbelsäulenerkrankungen ist außerdem die funktionelle Trainings- und Physiotherapie. Hier geht es darum, funktionelle Defizite zu verringern und Bewegungsabläufe und Körperhaltung zu verbessern.
Unser Angebot:
- Facettengelenksinfiltrationen (Facettengelenksblockade)
- PRT (Periradikuläre Therapieverfahren / Nervenwurzelblockaden)
- Epidurale Therapieverfahren (Interventionen im Spinalkanal)
- Radiofrequenz Thermodenervierung (Hitzesondenbehandlung) der Wirbelgelenke (COOLIEF, Lumbar cooled radiofrequency)
- Radiofrequenz Thermodenervierung der Bandscheibe bei diskogenem (bandscheibenbedingten) Schmerz (TransDiscal / Biacuplasty)
- Bildwandler-kontrollierte ACP-Therapie (Plasmatherapie / Autologes conditioniertes Plasma
Kontakt:
ZFOS – Zentrum für
Orthopädie & Sportmedizin
Dres. med. Öttl, Kinateder, Wimmer,
Mayer, Rummel, Hr. Bolay,
Lueg*, Mrosek*
*angestellte Ärzte
Nymphenburger Str. 110
D-80636 München
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Im Loh 1, 82041 Oberhaching
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