Kniescheibenluxation: Was tun, wenn das „Knie“ rausspringt?- Die Sonderseite mit Dr. Kinateder und Dr. Wimmer im Interview
Die Kniescheibenverrenkung – in der Fachsprache auch Kniescheibenluxation oder Patellaluxation genannt – ist eine der häufigsten Knieverletzungen. Insbesondere bei jungen und sportlich aktiven Menschen ist ein solches Ausrenken der Kniescheibe keine Seltenheit. Sowohl Ursachen als auch die entsprechenden Therapieoptionen sind jedoch vielfältig und müssen für jeden Patienten im Einzelfall beurteilt werden. Wir fragen nach bei den zertifizierten Kniechirurgen Dr. Kinateder und Dr. Wimmer aus dem ZFOS. Ihre Patienten operieren die beiden Kniespezialisten in der WolfartKlinik.
Was passiert bei einer Patellaluxation?
Dr. Kinateder: Bei einer Patellaluxation springt die Kniescheibe aus ihrer vorgesehenen Gleitrinne heraus. Passiert dies zum ersten Mal, zerreißt dabei der innere Halteband-Apparat. Meistens springt die verrenkte Kniescheibe zwar von selbst wieder in ihre Gleitbahn, wenn Betroffene das Knie strecken. Trotzdem schwillt das Kniegelenk in der Regel erstmal stark an und schmerzt. Eine weitere Folge ist oft ein Gelenkerguss, da es aufgrund der gerissenen Bänder in das Gelenk einbluten kann. Heilen die zerrissenen Bandstrukturen nicht stabil zusammen, bleibt die Kniescheibe des Patienten instabil. Das heißt: Auch bei alltäglichen Bewegungen kann sie danach immer wieder ausrenken. Zudem entstehen bei der Luxation häufig weitere Schäden am Knorpel der Kniescheibe sowie des Oberschenkels. Das kann im schlimmsten Fall einen Gelenkverschleiß, die sogenannte Arthrose, nach sich ziehen. Ich empfehle Betroffenen deshalb, sich nach einer Luxation ärztlichen Rat einzuholen, um den entstandenen Gelenkschaden genau zu untersuchen und die optimale Behandlung einzuleiten.
Kann jeder eine Kniescheibenluxation erleiden?
Dr. Wimmer: Theoretisch schon. In aller Regel passiert dies aufgrund einer unglücklichen Bewegung beim Sport oder im Alltag. Betroffene haben jedoch häufig auch eine Veranlagung zur Kniescheibenverrenkung. Das bedeutet, dass mehrere Faktoren, die ein Ausrenken wahrscheinlich machen, in ungünstiger Kombination zusammenkommen. Zu den Risikofaktoren zählen etwa ein lockerer Bandapparat, eine hochstehende Kniescheibe, ein X-Bein oder eine fehlerhaft angelegte Gleitrinne der Kniescheibe am Oberschenkelknochen. Je mehr Risikofaktoren bei einem Patienten vorliegen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit einer Kniescheibenluxation.
Wie können Sie das Knie wieder stabilisieren?
Dr. Kinateder: Ziel jeder Therapie ist es, die Kniescheibe dauerhaft im Gleitlager zu zentrieren, um weitere Verrenkungen möglichst zu vermeiden. Denn wichtig zu wissen: Je häufiger ein Patient eine Kniescheibenluxation erleidet, desto eher nimmt der Gelenkknorpel Schaden und desto höher die Wahrscheinlichkeit einer frühzeitigen Kniescheibenarthrose. Generell gibt es zwei Möglichkeiten, das Knie wieder zu stabilisieren: durch eine konservative oder eine operative Therapie. Grundsätzlich empfehle ich vorrangig eine konservative Therapie – vor allem bei einer Erstluxation und falls kein wesentlicher Schaden am Knorpel sowie am Band- und Halteapparat vorliegt. Dann sollte das Kniegelenk mit Bandagen beziehungsweise einer Schiene für einige Wochen stabilisiert werden. Bei der Rückbildung der Schwellung helfen Kühlung, Lymphdrainage, Salben und gegebenenfalls abschwellende Medikamente. Wichtig sind außerdem eine physiotherapeutische Behandlung sowie eine medizinische Trainingstherapie unter professioneller Anleitung.
Und wann macht eine Operation Sinn?
Dr. Wimmer: Zeigt die Kernspin-Untersuchung einen größeren Knorpelschaden, ein abgebrochenes Stück Knorpel oder ausgeprägte Verletzungen des Halteband-Apparates, erwäge ich zusammen mit meinen Patienten eine operative Behandlung. OP-Indikation besteht oft auch bei bereits mehrfacher Luxation der Kniescheibe. Welchen Eingriff ich im individuellen Fall empfehle, hängt vom Ausmaß der Verletzung, dem Instabilitätsgrad der Kniescheibe, dem Alter und den anatomischen Voraussetzungen des Patienten ab. Durch eine sogenannte Arthroskopie (Gelenksspiegelung) lassen sich etwa entstandene Knorpelschäden gut behandeln. Eine Reparatur beziehungsweise Korrektur des zerrissenen Band- und Halteapparates führe ich zum Beispiel über eine sogenannte MPFL-Rekonstruktion durch. Bei dieser Operationsmethode wird das gerissene Halteband (MPFL), welches zwischen der Innenseite der Kniescheibe und dem Oberschenkelknochen verläuft, durch eine Sehne ersetzt. Diese gewinne ich über einen kleinen Schnitt auf der Innenseite des Unterschenkels und verankere sie danach am inneren Kniescheibenrand und dem Oberschenkelknochen.
Was müssen Betroffene nach einer Patellaluxation wissen?
Dr. Kinateder: Die Nachbehandlung muss der entsprechenden OP-Methode angepasst werden. Aber Patienten sollten immer wissen, dass jede Kniescheibenluxation eine schwerwiegende Verletzung des Kniegelenkes bedeutet und häufig mit Dauerschäden verbunden ist. Und auch bei einer idealen Behandlung einer Kniescheibenluxation ist ein erneutes Ausrenken nicht gänzlich ausgeschlossen. Deshalb ist es auch so wichtig, sich für eine optimale, individuelle Behandlung an einen erfahrenen Kniespezialisten zu wenden. Denn so können zumindest die grundsätzlichen Risiken verringert werden, um für den Patienten wieder eine dauerhaft schmerzfreie Funktion des Kniegelenkes zu erreichen.
Unser Angebot:
- Rekonstruktion des vorderen Kreuzbandes (Kreuzbandersatz) inkl. Revisionsoperationen
- Meniskusteilresektion oder -naht
- Knorpeleingriffe
- Knorpelzelltransplantation
- Achskorrekturen (Umstellungsoperationen am Kniegelenk)
- Stabilisierung nach Kniescheibenluxation
- Rekonstruktion des hinteren Kreuzbandes
- Weitere Bandrekonstruktionen im Kniebereich
Kontakt:
ZFOS – Zentrum für
Orthopädie & Sportmedizin
Dres. med. Öttl, Kinateder, Wimmer,
Mayer, Rummel, Hr. Bolay,
Lueg*, Mrosek*
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