Schulterschmerzen beim Armheben: Was steckt dahinter? - Die Sonderseite mit Dr. Eisele im Interview
Es schmerzt beim Einkaufstüten auf den Tisch stellen, Glühbirne an der Deckenlampe austauschen oder Vorhang aufhängen: Wenn beim Armheben die Schulter weh tut, steht als Schmerzauslöser meist das Schultergelenk in Verdacht. Doch die tatsächlichen Ursachen sind vielfältig, die Art des Schmerzes auch – und die Beschwerden nicht gerade selten: Schließlich ist der Schulter-Nacken-Bereich die am zweithäufigsten von chronischen Schmerzen betroffene Region unseres Körpers. Wir fragen nach bei dem Experten Dr. Oliver Eisele. Der Schulterspezialist operiert seine Patienten in der WolfartKlinik.
Welche Ursachen können Schmerzen in der Schulter und im Arm haben?
Dr. Eisele: Bei der Schulter handelt es sich um einen sehr komplexen Bewegungsapparat. Hier arbeiten mehrere Gelenke sowie zahlreiche Bänder, Sehnen und Muskeln zusammen. Daher können auch die Ursachen von Schulterschmerzen recht vielseitig sein. Grundsätzlich gilt: Wenn die Muskeln in der Schulter überspannt oder „verkürzt“ sind, gerät die Schulter schnell aus ihrer „normalen“, also gesunden, Position. Hierfür genügen bereits einseitige, nicht ausgeglichene Haltungen im Alltag. Schulterschmerzen können sich etwa bei Personen bemerkbar machen, die viel Zeit im Sitzen verbringen. Das tun die meisten im Laufe des Tages sehr oft und lange am Stück – etwa beim Arbeiten, vor dem TV oder Computer, bei den Mahlzeiten oder im Auto. Und auch einseitige sportliche Bewegungen, wie sie vor allem bei „Überkopfsportarten“ wie Handball, Volleyball oder Tennis ausgeführt werden, können für Beschwerden an der Schulter verantwortlich sein. Eine gründliche Untersuchung ist dann unerlässlich, um die genaue Ursache zu finden und zielgerichtet zu behandeln. In meiner Praxis sehe ich sehr viele verschiedene Krankheitsbilder der Schulter. Am häufigsten treten eine Kalkschulter, das sogenannte Impingement-Syndrom, Risse der Schultersehnen, eine Schultersteife und Arthrose auf.
Kann die Art des Schulterschmerzes erste Hinweise auf das vorliegende Krankheitsbild liefern?
Dr. Eisele: Ja. Wichtig zu wissen: Alle gerade genannten Krankheitsbilder verursachen Schmerzen beim Armheben. Nur die Art des Schmerzes empfinden Betroffene je nach Krankheitsbild unterschiedlich. Bei einer Kalkschulter treten beim Armheben zum Beispiel einschießende Schmerzen auf. Diese können so stark sein, dass Patienten den Arm unter Umständen gar nicht mehr nach oben bewegen können. Bei einer Arthrose im Gelenk hingegen empfinden Betroffene dumpfe Schmerzen bei Belastung des Armes. Liegt ein Impingement-Syndrom vor, können die Schmerzen beim Heben des Armes ab einer gewissen Höhe wieder verschwinden. Und bei einer Schultersteife geht der Schmerz mit einer schlechter werdenden Beweglichkeit einher.
Wie behandeln Sie das recht häufige Impingement-Syndrom?
Dr. Eisele: Bei einem Impingement-Syndrom (auch Engpass-Syndrom genannt) liegt eine schmerzhafte Einklemmung von Sehnen oder Muskeln innerhalb eines Gelenks vor, bei der Schulter zwischen dem Schulterdach und dem Oberarmkopf. In der Folge kommt es zu einer Reizung des Schleimbeutels, der sich entzündet. Besonders beim Armheben wird die Enge noch erhöht, was die typischen, stechenden Schmerzen auslöst. Meiner Erfahrung nach kann eine konservative (also nicht-operative) Behandlung gute Ergebnisse bei einem Impingement-Syndrom erzielen. Ich empfehle meinen Patienten im ersten Schritt entzündungshemmende Schmerzmittel, um zunächst die akuten Schmerzen zu lindern. Zudem können die meisten Betroffenen mit einer Physiotherapie unter professioneller Anleitung die Schulterbeschwerden wieder in den Griff bekommen. In manchen Fällen ist eine minimalinvasive Operation (Arthroskopie) angeraten.
Und was hilft bei einer Kalkschulter?
Dr. Eisele: Hier kommt es zu Kalkablagerungen im Schultergelenk, die sich meist an einer ganz bestimmten Sehne, der Supraspinatussehne, finden. Die Schmerzen beginnen schleichend und werden mit fortschreitender Erkrankung dauerhafter und intensiver. Ich behandle eine Kalkschulter in den meisten Fällen wirksam mithilfe einer Stoßwellentherapie. Für den Fall, dass das Kalkdepot dennoch weiterbesteht, lässt sich dieses operativ entfernen. Am liebsten, da für den Patienten am schonendsten, arbeite ich arthroskopisch in der sogenannten Schlüssellochtechnik.
Welche Tipps haben Sie grundsätzlich bei akuten Schulterschmerzen?
Dr. Eisele: Wichtig ist es, erstmal einen Gang runterzuschalten, also auch die Schulter belastende Arbeiten und vor allem „Über-Kopf-Arbeiten“ zu vermeiden. Außerdem empfehle ich, die Schmerzen mit entsprechenden Schmerzgels oder Medikamenten zu lindern. Im Zweifel, bei länger andauernden Beschwerden und grundsätzlich bei starken Schmerzen gilt aber: Betroffene sollten am besten bei einem spezialisierten Arzt vorstellig werden und die Schmerzursache professionell abklären lassen.
Zur Person:
Dr. med. Oliver Eisele ist Facharzt für Orthopädie, Chirotherapie und Manuelle Medizin. Er ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft für Arthroskopie (AGA), der Deutschen Vereinigung für Schulter- und Ellenbogenchirurgie (DVSE).
Kontakt:
Orthoevo | Dr. Eisele & Dr. Volkering | Martiusstraße 3 | 80802 München |
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