Harninkontinenz und Senkungsbeschwerden: Wirkungsvolle Hilfe für Frauen - Die Sonderseite mit Frau Dr. Rothfuß im Interview
Blasenschwäche und Senkungsbeschwerden sind weit verbreitet – und doch wird selten darüber gesprochen. Studien zeigen, dass 20 bis 30 Prozent der jüngeren und bis zu 50 Prozent der älteren Frauen an Harninkontinenz leiden – der häufigsten Beckenbodenfunktionsstörung. Auch Senkungsbeschwerden nehmen mit dem Alter zu: Bei Frauen über 50 Jahren sind rund 40 Prozent betroffen.
Diese Beschwerden können die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen – und auch das Selbstbewusstsein und die Freude am Alltag trüben. Doch die gute Nachricht ist: Mit den richtigen Therapien lässt sich die Lebensqualität oft vollständig zurückgewinnen.
Genau deshalb möchten wir das Thema offen ansprechen und haben mit Dr. Ulrike Rothfuß gesprochen. Sie ist Leitende Ärztin für Beckenbodenchirurgie im MIC-Zentrum an der WolfartKlinik und Expertin auf diesem Gebiet.
Was möchten Sie Frauen mit Harninkontinenz oder Senkungsbeschwerden sagen?
Dr. Rothfuß: "Sie sind nicht allein!" Viele Frauen, die unter einer Harninkontinenz oder Senkung leiden, trauen sich nicht, darüber zu sprechen, da das Thema immer noch schambehaftet ist. Dabei treten diese Probleme häufig auf und es gibt effektive Behandlungsansätze. Ich möchte betroffene Frauen ermutigen: Sprechen Sie mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt darüber. Es gibt keinen Grund, Beschwerden einfach hinzunehmen.
Welche Ursachen stehen denn konkret hinter diesen Beschwerden?
Dr. Rothfuß: Zu den Hauptursachen zählen Alter, Schwangerschaft und Geburten, Übergewicht, genetische Veranlagung sowie hormonelle Veränderungen in der Menopause. Zusätzlich können chronische Verstopfung und bestimmte geburtshilfliche Faktoren, wie Zangengeburten oder das Gewicht des Kindes bei der Geburt, eine Rolle spielen. Auch kognitive Beeinträchtigungen, z.B. bei einer Demenz, oder chronisches Husten, etwa durch Rauchen, erhöhen das Risiko.
Welche Symptome treten bei Senkungsbeschwerden auf?
Dr. Rothfuß: Die Symptome sind unterschiedlich. Viele Frauen spüren ein Fremdkörper- oder Druckgefühl in der Vagina. Auch Kreuzschmerzen, Probleme beim Sitzen oder Gehen – vor allem bei ausgeprägten Senkungen – kommen häufig vor. Zudem können Beschwerden beim Geschlechtsverkehr sowie Blasen- und Stuhlentleerungsstörungen auftreten. Diese Einschränkungen wirken sich oft stark auf die Lebensqualität aus.
Welche Therapiemöglichkeiten bieten Sie im MIC-Zentrum an der WolfartKlinik an?
Dr. Rothfuß: Wir verfolgen einen ganzheitlichen Ansatz, der nicht-operative und operative Behandlungen umfasst. Bei leichteren Beschwerden ist es sinnvoll, die Beckenbodenmuskulatur zu stärken. Dies geschieht am besten durch beckenbodenspezifische Physiotherapie bei einer erfahrenen Therapeutin. Unterstützend kann ein Biofeedbackgerät und eine Elektrostimulation eingesetzt werden. Auch Pessare (diese stützen die gesenkten Organe) und Östrogenpräparate können helfen. Bei schwereren Fällen stehen verschiedene operative Therapieverfahren zur Verfügung, die individuell auf die Patientin abgestimmt werden.
Welche operativen Therapien bieten Sie an?
Dr. Rothfuß: Wir unterscheiden zwischen Operationen, die durch die Scheide (vaginal) durchgeführt werden, und solchen, die über den Bauchraum (abdominal) erfolgen. Vaginale Eingriffe können klassisch durch einen Verschluss des Defekts mit Nähten oder unterstützt durch die Verwendung eines Netzes durchgeführt werden. In der Regel ist der Eingriff kürzer und der Bauchraum muss hierfür nicht chirurgisch eröffnet werden. Diese Verfahren eignen sich besonders gut bei älteren Patientinnen
Abdominale Eingriffe, wie z.B. die Sakrokolpopexie oder laterale Suspension nach Dubuisson, werden minimalinvasiv mit kleinen Schnitten sowie einer Kamera durchgeführt. Dabei wird in der Regel ein Netz verwendet, um die abgesenkten Organe wie die Scheide oder Gebärmutter wieder in ihrer ursprünglichen Lage zu fixieren und langfristig zu stabilisieren. Diese Verfahren sind ideal für jüngere und noch aktive Frauen.
Wie entscheiden Sie, welche Therapie für eine Patientin geeignet ist?
Dr. Rothfuß: Die Entscheidung hängt ganz individuell von der Patientin ab. Wir berücksichtigen den genauen Befund, das Alter, mögliche Vorerkrankungen und auch, wie aktiv die Patientin im Alltag ist. Ein weiterer Faktor ist, ob bereits Voroperationen stattgefunden haben
Wie sieht es bei der Harninkontinenz aus? Gibt es hier Unterschiede?
Dr. Rothfuß: Ja, bei der Harninkontinenz unterscheiden wir zwischen Belastungs-, Drang- und Mischinkontinenz. Die Belastungsinkontinenz tritt bei körperlicher Anstrengung auf, da kann schon Niesen oder Husten ausreichen, während die Dranginkontinenz durch plötzlich auftretenden, starken Harndrang gekennzeichnet ist, der dann auch zu Urinverlust führen kann. Bei einer Mischinkontinenz tritt beides gleichzeitig auf. Auch hier bieten wir sowohl konservative Therapien an, wie z.B. Beckenbodentraining und die Einnahme bestimmter Medikamente als auch operative Eingriffe, etwa die Implantation eines Polypropylen-Bandes unter die Harnröhre bei Belastungsinkontinenz oder Botulinumtoxin-Injektionen in den Blasenmuskel bei der Dranginkontinenz.
Was raten Sie betroffenen Frauen?
Dr. Rothfuß: Ich möchte betroffene Frauen ermutigen, mit einem Arzt oder einer Ärztin über ihre Beschwerden zu sprechen – denn es gibt viele nicht-operative Therapiemöglichkeiten, die Beschwerden oft schon deutlich lindern können. Auch die operativen Maßnahmen sind heute modern, schonend und ermöglichen eine nachhaltige Verbesserung der Lebensqualität. Harninkontinenz und Senkungsbeschwerden müssen wirklich nicht mehr sein. Ich berate Sie gerne in einem persönlichen Gespräch.
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