Divertikulitis: Wann führt eine Darmentzündung zu Komplikationen?- Die Sonderseite mit Dr. Son im Interview
Sogenannte Divertikel im Dickdarm sind Ausstülpungen in Form kleiner Ballone, die sich durch Schwachstellen in der Darmwand nach außen wölben. In den meisten Fällen sind sie harmlos. Manchmal entzünden sich Divertikel aber auch, dann spricht man von einer Divertikulitis. In manchen Fällen kann dies für PatientInnen sehr starke Schmerzen bedeuten und zu weiteren gefährlichen Komplikationen führen. Wann Handlungsbedarf besteht und welche Behandlungsmethoden es bei einer Darmentzündung gibt, wollen wir von Dr. Min-Seop Son wissen. Der Experte für die Behandlung von Bauch-, Darm- und Magenerkrankungen ist Chefarzt der Hauptabteilung für Allgemein- und Viszeralchirurgie in der WolfartKlinik.
Was passiert im schlimmsten Fall während eines Entzündungsschubes im Darm?
Dr. Son: Während einer Darmentzündung kann es zu akuten Komplikationen kommen. Jetzt ist es meine Aufgabe, den individuellen Krankheitsverlauf aufmerksam zu beobachten. Denn so kann ich Anzeichen einer Verschlechterung bei meinen PatientInnen frühzeitig entdecken und vor allem rechtzeitig gegensteuern. Das größte Risiko tragen dabei Betroffene, die den ersten Krankheitsschub erleiden. Eine sogenannte akute Komplikation kann zum Beispiel das Übergreifen der Entzündung auf umliegendes Gewebe sein oder eine Eiteransammlung in einem Hohlraum, also eine Abszessbildung. Ebenfalls zu den akuten Komplikationen zählt ein Darmdurchbruch – auch Divertikelperforation genannt. Dabei reißt die dünne Haut der entzündeten Divertikel ein und Stuhlreste können ungehindert in die Bauchhöhle eintreten. Auch eine Bauchfellentzündung ist dann eine Komplikation, die akut eintreten kann. Ganz selten führt eine Divertikulitis auch zu einer Blutvergiftung (Sepsis), dann besteht ebenso unmittelbare Lebensgefahr.
Und was sind langfristige Komplikationen einer Divertikulitis?
Dr. Son: Langfristige Komplikationen treten vor allem bei wiederkehrenden Entzündungen auf. Dazu gehören etwa Verwachsungen im Bauchraum oder auch eine Darmverengung (Stenose). Ebenso können sich auf lange Sicht Fisteln bilden. Darunter versteht man eine entstehende Verbindung zwischen zwei Darmschlingen oder zwischen dem Darm und einem anderen Organ. Die Folge einer Fistel, die zum Beispiel mit der Harnblase zusammenhängt, können immer wiederkehrende Blasenentzündungen und Harnwegsinfektionen sein, welche durch die Darmbakterien ausgelöst werden.
Wie behandelt man eine Divertikulitis, damit Komplikationen möglichst erst gar nicht entstehen?
Dr. Son: Eine akute Divertikulitis und ihre Komplikationen werden je nach Schweregrad behandelt. Bei leichten Verläufen sind körperliche Schonung und die vorübergehende Umstellung auf flüssige Kost eine gute Möglichkeit, um das Geschehen zu beruhigen. Manchmal helfen auch abführende Maßnahmen. Bei PatientInnen mit einem erhöhten Komplikationsrisiko – wie etwa bei einer Immunschwäche oder bei vorliegenden Nierenerkrankungen – ist in bestimmten Fällen auch die Gabe von Antibiotika sinnvoll. Ist die Entzündung am Abklingen, können Betroffene wieder mit einem behutsamen Kostaufbau starten. Damit sich die Divertikel nach der Ausheilung nicht erneut entzünden, ist nun viel Bewegung und vor allem auch eine ballaststoffreiche Ernährung hilfreich.
Warum schützen Ballaststoffe vor einer Entzündung?
Dr. Son: Statistiken zeigen, dass das Risiko für eine Divertikulitis durch eine ballaststoffreiche und fleischarme Ernährung so gut wie halbiert werden kann. Ballaststoffe sind unverdauliche Nahrungsfasern, die in Getreide, Hülsenfrüchten, Nüssen, Gemüse und Obst vorkommen. Sie absorbieren Wasser im Darm und quellen auf, was zu einer Erweichung und Vergrößerung des Stuhlvolumens führt. Dadurch wird die Darmentleerung erleichtert und die Schleimhaut der Divertikel weniger belastet. Zusätzlich dienen Ballaststoffe als „Nahrung“ für nützliche Darmbakterien, was wiederum zu einem gesunden Darm-Mikrobiom führt und Entzündungen entgegenwirkt. Meine Empfehlung: Wer sich bisher eher ballaststoffarm ernährt hat, sollte die Umstellung auf eine ballaststoffreiche Kost nicht allzu abrupt gestalten, um das Auftreten von Blähungen oder Verstopfungen zu vermeiden. Zudem benötigt der Darm einige Wochen, um sich an die unverdaulichen Nahrungsfasern zu gewöhnen. Unterstützen können PatientInnen die Nahrungsumstellung mit einer ausreichenden Flüßigkeitszufuhr. Genauso wichtig: Gut und lange kauen!
Dann ist eine Operation also nur in den seltensten Fällen oder bei bestimmten Komplikationen nötig?
Dr. Son: Absolut. Bei so gut wie allen Betroffenen mit einer unkomplizierten Divertikulitis heilt die Entzündung innerhalb weniger Wochen aus. Generell gilt: Nur wenn die Beschwerden bestehen bleiben, sind weitere Behandlungen nötig. In bestimmten Fällen bespreche ich gemeinsam mit meinen Patient*innen die Möglichkeit, den betroffenen Teil des Dickdarms durch eine OP zu entfernen. Aber auch hier wäge ich wegen der bestehenden Risiken einen Eingriff mit jeder einzelnen Patientin und jedem einzelnen Patienten sorgsam ab, denn diese Operation birgt auch bestimmte Risiken. Für den Fall, dass bei einer Divertikulitis Komplikationen auftreten, kann auch eine Einweisung ins Krankenhaus nötig sein. Und bei schweren Komplikationen, beispielsweise einer Darmperforation, ist eine schnelle Operation absolut notwendig.
Unser Angebot:
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Kontakt:
Chirurgisches Zentrum WolfartKlinik
Dr. med. Min-Seop Son
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