Divertikel: Was hilft bei Ausstülpungen am Darm? Damit aus einer Divertikulose keine Divertikulitis wird - Die Sonderseite mit Dr. Son im Interview
Sie haben die Form kleiner Ballone und wölben sich durch Schwachstellen in der Darmwand nach außen: die sogenannten Divertikel. In der Regel sind sie harmlos und in vielen Fällen müssen sie auch nicht behandelt werden. Allerdings können sie manchmal zu Darmbeschwerden und Schmerzen führen und auch die Ursache für Folgeerkrankungen sein. Was Betroffene rund um die Divertikel wissen müssen und wann sie ärztlichen Rat einholen sollten, wollen wir von Dr. Min-Seop Son wissen. Der Experte für die Behandlung von Bauch-, Darm- und Magenerkrankungen ist Chefarzt der Hauptabteilung für Allgemein- und Viszeralchirurgie in der WolfartKlinik.
Was ist der Unterschied zwischen Divertikulose, Divertikelkrankheit und Divertikulitis?
Dr. Son: Bei allen Formen handelt es sich um Ausstülpungen des Darms. Das alleinige Vorhandensein von Divertikeln ohne Beschwerden nennen wir Divertikulose. Bei einer Divertikulose wölbt sich die Darminnenwand an mehreren Stellen nach außen. Dieser Zustand hat zunächst keinen echten Krankheitswert. Sämtliche Probleme und Beschwerden, die sich aber entwickeln können, werden unter dem Begriff Divertikelkrankheit zusammengefasst. Divertikel können sich entzünden, so dass wir dann von einer Divertikulitis sprechen. Typischerweise haben die betroffenen Patient*innen dann Schmerzen, ähnlich wie bei einer Blinddarmentzündung. Die Divertikel können aber auch zu schwerwiegenden Komplikationen führen, im schlimmsten Fall sogar zu einer lebensgefährlichen Darmperforation.
Wo können Divertikel entstehen?
Dr. Son: Divertikel bilden sich immer an Stellen, wo die Darmmuskulatur schwächer ist. Typisch ist eine Entstehung im sogenannten Sigma. Das ist ein etwa 40 bis 45 Zentimeter langer, s-förmiger Abschnitt des Dickdarms. Hier ist der Druck des Stuhls auf die Darmwand am höchsten. Treten die Entzündungen in diesem Bereich auf, spricht man von einer sogenannten Sigma-Divertikulitis.
Wie häufig treten Divertikel auf?
Dr. Son: Statistisch gesehen kommen solche Ausstülpungen bei etwa der Hälfte aller über 70-Jährigen vor. Aber auch bei den unter 50-Jährigen ist immerhin jeder Zehnte betroffen. Grundsätzlich gilt: Eine Divertikulitis kann in jedem Alter auftreten. Bei einer Divertikulose, also für den Fall, dass die Divertikel keine Beschwerden auslösen, bleiben diese Ausstülpungen jedoch in der Regel unbemerkt. Bestimmte Risikofaktoren können zur Ausbildung von Divertikeln beitragen. So sind manche Menschen erblich bedingt anfälliger. Weitere Faktoren sind etwa ein schwaches Bindegewebe oder anormale Darmbewegungen. Auch stark übergewichtige Menschen sind häufiger von einer Divertikulose betroffen. Grundsätzlich spielen der Lebensstil und die Ernährung eine große Rolle – im Übrigen auch für die Heilung bei leichten Verläufen.
Wie hängen Divertikulitis und Ernährung zusammen?
Dr. Son: Generell gilt: Eine gesunde Ernährung verlängert die beschwerdefreie Zeit und reduziert das Risiko, dass sich Divertikel entzünden. Denn man geht davon aus, dass eine wichtige Ursache für die Entstehung einer Divertikulitis eine ballaststoffarme Ernährung ist. Das Problem: Durch die faserarme Kost ist der Stuhl hart und fest. Viele Betroffene leiden zudem unter Verstopfung, was den Druck auf die Darmwände erhöht. Eine vorwiegend vegetarische und ballaststoffreiche Ernährung hilft hingegen zu vermeiden, dass sich vorhandene Divertikel entzünden. Vegetarier und Veganer haben wesentlich seltener Divertikel. Mein Tipp während einer akuten Divertikulitis: gekochte, gedünstete und gedämpfte Speisen werden besser vertragen. Auf beispielsweise rohes Gemüse, Salate, Hülsenfrüchte, Kohlgemüse, Zwiebeln, Lauch, Pilze, Paprika mit Schale in dieser Phase besser verzichten.
Wie helfen Sie als Arzt bei einer Divertikulitis?
Dr. Son: Eine akute Divertikulitis und ihre Komplikationen werden je nach Schweregrad behandelt. Da bei einer Divertikulitis Bakterien die Auslöser von Entzündungen sind, rate ich zu einer Behandlung mit Antibiotika. Bei so gut wie allen Betroffenen mit einer unkomplizierten Divertikulitis heilt die Entzündung innerhalb weniger Wochen aus. Bei sehr leichten Verläufen sind körperliche Schonung und die Umstellung auf flüssige Kost – wie etwa klare Brühe – sowie engmaschige Kontrollen zur Linderung in vielen Fällen ausreichend. Manchmal helfen auch abführende Maßnahmen. Nur sehr selten bleiben die Beschwerden bestehen. Dann sind weitere Behandlungen nötig. Gegebenenfalls erwäge ich gemeinsam mit meinen Patient*innen die Möglichkeit, den betroffenen Teil des Dickdarms durch eine OP zu entfernen. Wegen der bestehenden Risiken sollte ein Eingriff jedoch für jeden Einzelfall sorgsam abgewogen werden. Treten Komplikationen auf, kann auch eine Einweisung ins Krankenhaus nötig sein. Und bei schweren Komplikationen, beispielsweise einer Darmperforation, ist eine schnelle Operation unumgänglich.
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Dr. med. Min-Seop Son
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